Der Luchs - ein alter Harzer kehrt zurück
Der Luchs (Lynx lynx L.) ist ein alter Harzer - sein
Lebensraum war früher der ganze Harz, bis er im Jahre 1818 hier ausgerottet wurde. Aber
nicht endgültig - er kehrt nunmehr nach knapp 200 Jahren in die Harzer Nationalparks und
den ganzen Harz zurück!
Mit der Wiederansiedlung des Luchses im Harz leisten wir einen wichtigen Beitrag zur
Erhaltung dieser seltenen Tierart in Europa, denn der Harz erfüllt alle wichtigen
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Wiedereinbürgerung des Luchses.
Die fortschreitende Schwächung des Waldes durch die
vielfältigen Belastungen der Industriegesellschaft gibt Anlass, über neue Strategien zur
Walderhaltung nachzudenken. Wer das gefährdete Ökosystem Wald schützen will, muss vor
allem seine Selbstheilungskräfte stärken.
Wo Stickstoffeintrag und Sturmflächen das Nahrungsangebot für Schalenwildbestände
drastisch verbessern, wo der Winter als letzter natürlicher Regulator auszufallen droht,
da kann der Luchs im Harz wieder einen Beitrag zur Selbstregulierung und zur
Ausbalancierung des aus dem Gleichgewicht geratenen Ökosystems Wald leisten.
Das Thema Luchs ist im Harz derzeit in aller Munde, und interessanterweise stellt sich
heraus, dass es wenig Widerstand und um so mehr Faszination gibt. Der Luchs ist auch im
Harz längst zur Sympathietierart geworden und nicht mehr das mit Angst besetzte,
abgelehnte Tier von gestern.
Die neuerliche Diskussion begann zu Beginn des Jahres 1994, ausgelöst durch eine
wissenschaftliche Tagung des Nationalparks Hochharz in Schierke, und hat sich dann immer
stärker beschleunigt.
Als sich gegen die Absicht des Niedersächsischen Umweltministeriums, die
Wiedereinbürgerungschancen des Luchses im Harz erneut zu prüfen, Widerstand abzeichnete,
brachten der Nationalpark Harz, die Gesellschaft zur Förderung des Nationalparks Harz
e.V. und andere Harzer Umweltverbände verschiedene Aufklärungsmaterialien zum Luchs
heraus und organisierten eine breite öffentliche Akzeptanz. Heute ist die Harzer
Bevölkerung am Thema hochinteressiert und sehr aufgeschlossen.
Von vielen Fachleuten wird der Harz fälschlicherweise immer noch als für den Luchs
ungeeignet bezeichnet. Doch bereits 1972 - als der Harz noch zweigeteilt und die
territoriale und Nahrungsbasis für den Luchs noch sehr viel schlechter war als heute -
kam das Gutachten von STAHL (1972) zu einem positiven Ergebnis bezüglich dieser Frage.
Der Harz bietet auch durchaus geeignete Ein- und Abwanderungsmöglichkeiten für den
Luchs. Aus dem bekannten Quellgebiet in Tschechien gibt es einen Luchs-Migrationsweg über
Elbe, Dübener Heide, Thüringer Becken und Kyffhäuser/Südharz in das Harzgebirge. Über
diesen Weg sind einzelne Luchse in den 60er und 70er Jahren bis in das Selketal im
Nordostharz eingewandert (BUTZEK et al. 1988, PANNACH 1981).
Wandernde Luchse sind in dieser Zeit offenbar sogar noch weiter nach Norden vorgedrungen;
ein weiterer Hinweis aus dieser Zeit liegt nach mdl. Mitt. von Dr. BERNDT aus dem
Drömling (Großraum Braunschweig) vor.
Somit bestehen durchaus genetische Austauschmöglichkeiten der künftigen Luchspopulation
im Harz; sie kann eine wichtige Rolle im mitteleuropäischen Kontext spielen!
Im Jahr 2000 wurde es Ernst - das Luchs-Projekt des Nationalparks Harz wurde gestartet. Am
21.8.2000 konnte das neue Luchs-Ausweichgehege an der Nationalpark-Waldgaststätte
Rabenklippe bei Bad Harzburg eröffnet werden. Bald darauf wurden vom Nationalpark Harz im
Auftrag des Niedersächsischen Landwirtschafts- sowie Umweltministeriums in Verbindung mit
der Niedersächsischen Landesjägerschaft die ersten Luchse ausgewildert!
Dieses in Deutschland einmalige Gemeinschaftsprojekt setzt ein wichtiges Zeichen für eine
partnerschaftliche Kooperation zugunsten des Luchses und der Vernetzung von
Wildnis-Lebensräumen, für die der Luchs symbolisch steht - der Luchs ist ein Botschafter
für ein neues Naturverständnis.
Fotos: Andreas Gummich
Anmerkung: 2003 erhielt das Harzer Luchsprojekt den Artenschutzpreis Deutschland
Linktipp: www.nationalpark-harz.de |